Warum gibt es Trennungsangst beim Hund?

Trennungsangst liegt schon in den Genen der Hunde / Wölfe, damit sie sich als Welpe nicht zu weit von ihrer Mutter und den Geschwistern entfernen, also eine Art Schutz um nicht verloren zu gehen.

 

Wie entsteht bzw. wird Trennungsangst noch gefördert?

  • Durch eine zu frühe abrupte Trennung von der Mutter

  • Durch eine zu späte Trennung von der Mutter, da der Hund sehr lange auf sie geprägt worden ist

  • Welpen, die vom Züchter bzw. von ihrer Mutter geholt wurden und die Nacht alleine verbringen müssen, kann für viele Hunde ein sehr traumatisches Erlebnis sein.

  • Hunde, die vom Hundehändler kommen und zuvor in einem Kachelraum, Zwinger, Scheune oder sonst wo gelebt haben und kaum Kontakt zu Menschen hatten

  • Eine sehr starke Bindung zum Sozialpartner Mensch oder auch einem anderen Hund

  • Extremes Verhätscheln des Hundes

  • Zwingerhaltung

  • Plötzlich weniger Zeit für den Hund haben

  • Umzug

  • Besitzerwechsel

  • Abwesenheit eines Familienmitgliedes, zum Beispiel wenn Kinder ausziehen

  • Tod eines Familienmitgliedes oder Artgenossen

  • Traumatische Erlebnisse beim Alleine sein, wie z.B. Gewitter, etwas fällt um und der Hund erschreckt sich, etc.

  • Routinewechsel, z.B. neue Arbeitszeiten usw.

  • Heftige Begrüßungsrituale

  • Leckerchen geben, wenn man nach Hause kommt

 

Symptome bei Trennungsangst?

  • Bellen

  • Jaulen

  • Winseln

  • Heulen (wie bei den Wölfen um Familienmitglieder zurück zu rufen)

  • Türen zerkratzen, meist an den Ausgängen

  • Hin- und herlaufen

  • Zerkauen

  • Zerstören

  • Sabbern, extrem starkes Speicheln

  • Feuchte Pfotenabdrücke

  • Übertriebene Begrüßung

  • Aggression beim Weggehen, z.B. Hund stellt sich vor die Tür und knurrt

  • Koten / Urinieren zur Erleichterung ( Stresssymptom )

  • Sich gegen die Tür werfen

  • Selbstverstümmlung

 

Diagnose

Man braucht eine Videokamera und filmt den Hund / die Hunde wenn er / sie alleine sind und schreibt alles auf:

  • Was macht der Hund?

  • Wann macht der Hund was?

  • Wie schnell macht der Hund was?

  • Wie stark macht der Hund was?

  • In welcher Reihenfolge passieren diese Dinge?

  • Wie und wie lange bellt der Hund?

  • Beruhigt ihn eine Decke, ein T-Shirt oder ein Spielzeug?

  • Frisst er?

  • Trinkt er?

  • Spielt er?

  • Ist es Trennungsangst, Langeweile oder hat es ganz andere Gründe, warum der Hund bestimmte Dinge tut?

Man muss sich fragen, hat der Hund Trennungsangst oder ist er nicht richtig stubenrein,  ist er gar Krank, kratzt er an der Tür weil er Angst hat oder weil er draußen etwas hört, zum Beispiel Kinder, die ihn rufen und er wirft sich gegen die Tür weil er einfach nur raus möchte. Erst muss man alle Symptome durchgehen und alles andere ausschließen, bevor man von Trennungsangst spricht. Besonders alle medizinischen Ursachen müssen ausgeschlossen werden.

Oder zeigt der Hund Spiel- und Erkundungsverhalten, dann leidet er auch nicht unter Trennungsangst.

Viele Hunde rennen auch durch die ganze Wohnung, weil sie meinen auf alles aufpassen zu müssen und das bedeutet Stress für den Hund.

 

Trennungsstress

Man muss sich den Hund genau anschauen und beobachten, wo sein Trennungsstress anfängt

  • Beim Jacke anziehen

  • Beim Schuhe anziehen

  • Wenn man den Schlüssel nimmt

Wie weit geht der Trennungsstress? Was macht der Hund?

 

Externe Auslöser ausschließen

  • Andere Hunde die bellen

  • Geräusche von draußen, wie Feuerwehr, Baustelle, Stimmen, Gewitter usw.

  • Sicht nach draußen kann Hunde auch verrückt machen

  • Kinder, die den Hund rufen, der Hund wirft sich vor die Tür oder zerkratzt sie, weil er zu ihnen möchte

  • Nachbarn, die durch den Flur gehen, evtl. sogar noch mit einem Hund usw.

 

Prognose

  • Ist es eine leichte / mittlere / schwere Trennungsangst?

  • Kann man selber behandeln?

  • Ist man gewillt alles dafür zu tun?

  • Wie kann man behandeln?

  • Braucht man professionelle Hilfe / Training?

  • Helfen Bachblüten oder in ganz schweren Fällen Medikamentöse Behandlung, nur begleitend in Absprache von Trainer und Tierarzt mit einem professionellen Trainingsprogramm?

  • In wie weit kann der Hund überhaupt behandelt werden?

 

Lernprozess

Im Training gibt es immer Rückschritte! Wenn man dem Hund zum Beispiel das „Fuß“ gehen beibringt und er es ganz gut kann, gibt es meist eine Phase in der er totale Rückschritte macht, aber da muss man weiter machen, denn das ist völlig normal.

 

Was kann man vorbeugend machen?

  • Vorbeugen kann man meist nur beim Welpen

  • Traumatische Erlebnisse können evtl. kaum behandelt werden

  • Dem Hund eine stabile Umgebung bieten

  • Den Hund schon frühzeitig öfters mal nicht beachten

  • Dem Hund ein Spielzeug oder eine Decke geben und dann kurz den Raum verlassen und sofort wieder reinkommen

  • Dem Hund das Alleine sein beibringen – schrittweise und langsam üben

  • Oft auch mal dem Hund die Tür vor der Nase zumachen, z.B. auch auf der Toilette

  • Den Hund nicht in jeden Raum folgen lassen

  • Dem Hund was zum Beschäftigen geben bevor man ihn alleine lässt, z.B. einen Kong, Leckerchen in Pappschachteln, Leckerchen in der ganzen Wohnung verstecken, usw.

  • Kein großes Theater machen, wenn man geht und wenn man wieder kommt!!!

  • Kein Leckerchen geben, wenn man wieder kommt, sonst wird die Zeit des Wartens für den Hund noch unerträglicher, weil er dann zusätzlich noch auf sein Leckerchen wartet.

  • Wenn man geht kann man ihm immer einen Knochen geben, also ein kleines Ritual aufbauen

  • Keine stürmische Begrüßung zulassen

  • Körperliche und geistige Voraussetzung muss da sein, man kann vorher Clickern, Nasenspiele mache oder den Hund sonst irgendwie geistig auslasten, dann muss er aber erst mal runterkommen und sich etwas entspannen, bevor man das Haus verlässt, man kann nicht einfach gehen, wenn der Hund total aufgepuscht ist

  • Einem Zweithund muss man unbedingt auch das Alleine sein beibringen!!! Besonders, dass er auch mal ganz allein bleiben kann, ohne den anderen Hund!

 

Behandlung

Das Ziel ist die Ursache zu erkennen und zu beseitigen.

  • Die Ursache ist meist eine starke Bindung zur Bezugsperson
  • Das Selbstvertrauen des Hundes steigern, z.B. durch Tellington Touch, dem Hund beibringen seinen Körper kennen zu lernen und einzusetzten
  • Dem Hund eine stabile Umwelt bieten und einen strukturierten Tagesablauf
  • Spielen vor dem Weggehen ( geistig Beschäftigen )
  • Man kann ein Ruhesignal als Markerwort trainieren und immer wieder sagen oder von einem Band abspielen lassen
  • Auslöser erkennen und ändern – Desensibilisierung
  • Nie einfach verschwinden, also z.B. warten bis der Hund schläft und dann heimlich gehen, der Hund wird total in Panik geraten und die Welt nicht mehr verstehen, wenn man einfach weg ist
  • D.A.P. (Dog Appeasing Pheromons)
  • Medikamente Absprache und Aufsicht eines Tierarztes und eines professionellen Hundetrainers

 

Desensibilisierung

  • Oft am Tag die Jacke anziehen und nicht gehen, damit rumlaufen, sich hinsetzten usw., bis der Hund darauf nicht mehr mit Stress reagiert oder überhaupt reagiert
  • Dann Jacke anziehen und den Schlüssel nehmen, bis der Hund nicht mehr darauf reagiert
  • Dann zusätzlich noch die Schuhe anziehen, bis der Hund auch auf diese Signale nicht mehr reagiert
  • Dann auch die Reihenfolge verändern

 

Einen Zweithund nur wegen der Trennungsangst des ersten Hundes?

  • Ist es besser für den Ersthund? ==> Nicht unbedingt, es kommt darauf an, ob der Hund Personenbezogen ist
  • Dem Zweithund muss man das Alleine sein auch erst beibringen
  • Wie gerne sielt der Hund mit anderen Hunden?
  • Die Trennungsangst des ersten Hundes kann den neuen anstecken
  • Am besten wäre es, wenn man das vorher austesten könnte
  • Die Hunde sollten nicht zu verschieden sein
  • Die Bindung des Ersthundes kann stärker werden, weil er Frauchen / Herrchen jetzt teilen muss
  • Bei Futterneid muss man Futter oder Spiel ganz weglassen
  • Ein Problem  kann sein, dass ein Hund spielen will und der andere seine Ruhe haben will oder gar nicht spielen kann weil er so Angst hat
  • Oder ein Hund schläft seelenruhig und der andere dreht durch
  • Man sollte sich nie nur wegen Trennungsangst einen Zweithund zulegen, aus anderen Gründen, ist es oft das schönste was man seinem Hund antun kann, wenn man einen Zweithund holt